Seit mehreren Jahren beschäftige ich mich bereits sehr intensiv mit den Gesundheitssystemen anderer Länder. Dabei halte ich es gerne gemäß Günter Wallraffs Prämisse: „Selbst erleben ersetzt jegliche Augenzeugenberichte“! Nur dadurch, so zumindest meine Behauptung, kann man realistisch einschätzen, wie gut wir es in Deutschland haben, bzw. ob andere Länder vielleicht doch bessere medizinische Betreuung haben. Im Rahmen meiner langjährigen Recherchearbeiten konnte ich bereits z.B. Krankenhäuser auf Hawaii, in San Francisco, in den französischen Alpen oder in Kapstadt testen.
So musste auch in Peking eine realistische Verletzung her, um Ärzte, Behandlungszimmer, Krankenschwestern und Versorgung beurteilen zu können. Aus diesem Grund entschied ich mich zu einem Achillessehnenriss. Vorteil: Die Vergleichbarkeit bei dieser Verletzung war gegeben, da ich bereits mehrere Risse hinter mir hatte. Nachteil: Ich war eine ganze Weile außer Gefecht!
Sollte die Frage auftauchen, wie man auf die Schnelle einen Achillesehnenriss bekommt. Ganz einfach: Man ist im Alter der dahinschreitenden Degeneration, man geht in eine Turnhalle, zieht sich Schuhe an und betritt freudestrahlend die Turnhalle, um eine Runde mit den Kollegen zu kicken. Man macht sich gewissenhaft warm und schon passiert es. PENG! Mit einem Knall verabschieden sich die beiden Achillesehnenenden voneinnader und ich mich von den Kollegen für diesen und die kommenden Abende.
Am nächsten Tag musste die erste Entscheidung bei der Auswahl des Krankenhauses getroffen werden. Zwei Kliniken wurden von den Kollegen (aufgrund verschiedenster Kriterien) empfohlen:
1. SOS Klinik Beijing, ganz in der Nähe unserer Schule (s.a. Webseite der Klinik )
2. Beijing United, International Hospital (s.a. Webseite der Klinik)
Mein Bauch- bzw. mein Achillesehnengefühl sagte mir: Geh zu United International! Warum? Ich habe keine Ahnung! Vielleicht lag es an der schickeren Webseite oder einfach am Namen der Klinik, der mich mehr ansprach.
Besuch der Klinik am Tag nach der Verletzung
Humpelnd und auf Krücken stützend, versuchte ich aus dem Taxi aussteigend in das Krankenhaus zu gelangen. Hier war bereits die erste Hürde. Der Eingang war chaotisch zugeparkt von Luxuskarossen. Zudem musste man aufpassen, nicht direkt vor dem Krankenhaus von hupenden und Parkplatz suchenden Autos angefahren zu werden. Nachdem diese Hürde genommen war, sprang plötzlich eine gut gekleidete junge Dame auf mich zu. Das äußere Erscheinungsbild und die Kleidung liesen auf eine Stewardess schließen. Aber mitnichten, ihr kleines Namenschild klärte mich auf, dass es sich um eine Krankenhausmitarbeiterin handeln musste:
„Do you need help? Do you need a wheel chair? Do you have an appointment?“
„Äh, no, I don’t have an appointment. I had an accident yesterday evening. I need a doctor to take a look at my leg, it’s very painfull.“
„Please have a seat. I will see, what I can do for you! I hope I can find a doctor for you!“
Hmmm! Erst einmal hinsetzen war o.k.. Aber was meinte die junge Frau mit „ich will erst einmal schauen,was ich für sie machen kann und ob sie einen Arzt findet“? Nach 5 Minuten steht die Stewarde…, äh Rezeptionistin vor mir und verkündet stolz:
„I fortunately found a doctor for you. You have an appointment in 10 minutes. Please fill out these papers. How do you pay? Cash or by credit?“
Da hatte ich wohl Glück, dass sich in dieser rießigen (!!!!) Klinik ein Arzt auftreiben lies, der sich einen Verletzten anschauen wollte. Und bevor ich auch nur in die Nähe des Sprechzimmers gelangte, dürfte ich 10 Zettel ausfüllen und unterschreiben, dass ich mindestens 1200 RMB (ca. 150€) abzudrücken habe. Aber gut, eine andere Wahl hatte ich nicht. Nach den Formalitäten gings zum Doc, Mr. ZHang Jianxing . Und was will man mehr. Der chinesische Doc sprach perfekt Englisch, hatte 5 Jahre in Deutschland (Essen) studiert / gearbeitet, kannte Köln und das Ruhrgebiet und, und, und…
Ach ja, nebenbei. Die Klinik, der Arzt, die Betreuung, die kurzen Wartezeiten, Sauberkeit, Professionalität….all das, was einen in deutschen Krankenhäusern manchmal schier zur Verzweiflung treibt, war hier auf einem perfekten Niveau. Alles war super organisiert und koordiniert. Kurzzeitig kam sogar der Gedanke bei mir auf, dass Krankenhausaufenthalte auch Spaß machen könnten.
Wie es weitergeht? Wie die Nachbehandlung, die chinesische Krankengymnastik aussieht…ich werde berichten!
- Fenster zum Hof – reloaded
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